BVerwG-Urteil: Radwegebenutzungspflicht nur bei konkreter Gefahrenlage

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Als Rüstzeug für die nächste Diskussion mit Menschen, die sich berufsmäßig um deine Sicherheit sorgen:

Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass die Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht nur rechtmäßig ist, wenn aufgrund der örtlichen Verhältnissen eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Rechtsgutbeeinträchtigung erheblich übersteigt (§ 45 Abs. 9 Satz 2 der Straßenverkehrs-Ordnung – StVO).

Edit 19.11.2010:

Das heißt nicht, wie durch Jan in den Kommentaren vollkommen richtig angemerkt, dass Schilder ab jetzt ignoriert werden können, sondern hilft lediglich ggf. im Widerspruchsverfahren auf das Urteil verweisen zu können (Wobei die Stadt vermutlich darauf beharren wird, dass eine konkrete Gefahrenlage besteht.)

Quelle: PM BVerwG 3 C 42.09 – Urteil vom 18. November 2010

8 Kommentare

  1. Recht so! Aber wie wird man eine bereits angeordnete Benutzungspflicht wieder los?
    Sobald sie besteht, ist der Radweg (egal wie unsinnig) rein gesetzlich betrachtet, verpflichtend zu benutzen, oder?

    Ich habe "im Gefühl", dass der "neue Radwegstreifen" der am Jungfernstieg auf dem Fussweg (hä?) verläuft (der seit Ewigkeiten durch eine Baustelle behindert wird, und sowieso völlig hirnrissig gestaltet wurde) ebenfalls unter die Benutzungspflicht fallen soll (gilt das kleine Fahrradzeichens am Boden?). Gefährlich ist die Straße da nur, wenn die Taxen versuchen, die Radfahrenden auf den Radweg abzudrängen.

    http://www.hamburg.adfc.de/fileadmin/redaktion/Verkehr/Schon_gecheckt/2010/schon-gecheckt_Folder_2010.pdf

    • Der Radweg am Junfernstieg ist eh der größte Joke. Bei solchen Aktionen stelle ich mir immer die 3D Animationen vor auf denen das "augenscheinlich" sehr viel Sinn macht…

      Ich würde nicht davon ausgehen, dass das Schild / die Bodenmarkierung eine Nutzungspflicht zur Folge hat.
      S. BVerwG – Urteil.

  2. "Das heisst: Aufgestellte Schilder verplichten nur dann zur Nutzung des Radweges wenn eine besondere und konkrete Gefahrenlage vorliegt."

    Achtung, das steht so nicht in dem Urteil! Schilder gelten immer! Ihr müsstet nun gegen die Stadtverwaltungen und gegen die Schilder klagen, sodass sie wieder abmontiert werden. Aber, dass man von nun an die Schilder ignorieren darf, ist leider ein Trugschluß.

  3. Das ist richtig und im Post zu kurz gedacht. Solange das Schild da steht ist es ein Verwaltungsakt. Das ganze hilft mir erst wirklich als Verweis im Widerspruchsverfahren.

  4. Vielleicht kann ich die rechtliche Situation ein wenig entwirren. Ein Radsymbol auf der Straße zeigt keine Benutzungspflicht an. Zur Anordnung einer Benutzungspflicht muss ein blaues Verkehrszeichen mit Radsymbol darauf (gibt es in dreifacher Ausführung mit und ohne Fußgänger drauf) aufgestellt werden.
    Das ergangene Urteil hilft nicht beim Streitgespräch mit dem "Freund und Helfer", aber sehr wohl bei der Diskussion mit dem Amt. Mir hilft es bei der Argumentation, wenn ich die Verkehrsaufsichtsbehörde zur Entfernung der Schilder auffordere. Das kann übrigens jeder Radfahrer formlos bei den zuständigen Bezirksämtern tun.

  5. @arne: das widerspricht dann aber der Formulierung im oben verlinkten PDF.

    Radfahrstreifen und Schutzstreifen für Radfahrer, die Sie an
    folgenden Markierungen erkennen, müssen ebenfalls benutzt werden.

  6. Ich habe auf den ersten Post geantwortet, der sich mit dem Radstreifen auf dem Fußweg beschäftigte. Dort reicht ein Symbol auf dem Boden nicht, um eine Benutzungspflicht anzuzeigen.
    Radfahrstreifen auf der Fahrbahn müssen benutzt werden, dort reicht auch ein Symbol auf der Straße. Ein Schutzstreifen (gestrichelte Linie) auf der Fahrbahn muss deshalb benutzt werden, da für den Radverkehr auf der Fahrbahn ein Rechtsfahrgebot gilt.

  7. @ Renato, @Jan:

    Die Piktogramme auf dem unsichtbaren "Radweg" am Jungfernstieg stellen keine Aufforderung dar diesen zu benutzen. Es gilt dort keine B-Pflicht.

    Blaue Schilder dürfern ignoriert werden, z.B. wenn Radverkehrsanlagen in der Praxis unbenutzbar sind. Auf dem Gehweg neben einem unbenutzbaren b-pflichtigen Radweg darf allerdings keinesfalls gefahren werden, Radfahrer müssen dann auf die Fahrbahn.
    Beispiel: http://3.bp.blogspot.com/_KbUBkXgAGbU/TEcV6-e6SBI/AAAAAAAAAWo/6HL4qfAwDF4/s1600/__03.jpg
    Mehr: http://2.bp.blogspot.com/_KbUBkXgAGbU/TIbZTN1RnSI/AAAAAAAAApw/ykPwwn_LVo0/s1600/_8.jpg
    http://4.bp.blogspot.com/_KbUBkXgAGbU/TIFCzCpEzTI/AAAAAAAAAog/5Xze39fiT84/s320/_26.jpg
    Ein Radweg gilt schon als unbenutzbar, wenn Velofahrer auf dem Radweg keinen ausreichenden Seitenabstand zum angrenzenden parkenden Fahrzeug einhalten kann (sollte etwa ein Meter Abstand sein). Auch dann darf Velofahrer auf die Fahrbahn trotz B-Pflicht.
    Unbenutzbar auch, wenn Radwege vereist sind oder voller Schnee oder nicht erkennbar . . . Dann fährt es sich gut auf der Fahrbahn:
    http://hamburgize.blogspot.com/2010/11/winter-is-going-to-come-this-week.html

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