Interview | Radpropaganda im POLAR-Magazin

/

Die POLAR ist ein Halbjahresmagazin zu Politik, Kultur, Theorie und Alltag. Die aktuelle Ausgabe #11 ist dem Thema "Sicherheit" gewidmet. Neben sehr lesenswerten Beiträgen u.a. von Herfried Münkler, Mark Neocleous, Charlotte Misselwitz, Christoph Raiser und Matthias Dell, die sich dem Komplex aus verschiedensten Richtung nähern, findet sich hier ein Interview mit radpropganda. Wie nicht anders zu erwarten werden hier dann doch 2-3 Worte über Sicherheit, Radfahren und Straßenverkehr verloren. Yo…’ere we go…

POLAR – Interview RADPROPAGANDA
»Unter dem Sattelschlepper nützt der Helm wenig«


[Auszug]

Sicheres Radfahren im Straßenverkehr? Da werden Erinnerungen an theoretische Fahrprüfungen und Rolf Zukowski wach, und auch daran, dass ein fehlendes Katzenauge am Fahrrad mitunter sehr teuer werden kann. Dabei wäre gerade unsichtbares Fahren die sicherste Variante, um auf einem Fahrrad durch die Stadt zu kommen. Unsichtbares Fahren? Ein Gespräch mit radpropaganda, über Schlaglöcher, starre Naben und die Tatsache, nicht gesehen zu werden.

polar: Was ist schlimmer für Radfahrer: Ein LKW auf der Rechtsabbieger-Spur, Schlaglöcher im Straßenbelag oder eine 20-köpfige Radtouristengruppe mit breiten Lenkern auf der Hauptstraße?

Radpropaganda: Am gefährlichsten ist natürlich der LKW durch seinen großen und auch mit Spiegelnachrüstungen nie vollständig einsehbaren toten Winkel. Eine Kombination aller drei Situationen wäre aber schon ein ziemlich unangenehmes Szenario – womöglich ungeübte Radfahrer, für die das Schlagloch eine fahrtechnische Herausforderung ist und ein abbiegender LKW mit totem Winkel auf einer Straße, die für den Autoverkehr optimiert wurde. Übrigens eine Situation, die man »Unter den Linden« in Berlin derzeit beobachten kann. Quasi als Bonus gibt es hier noch Baustellen mit kniehohen Betonabgrenzungen und Metallzaun, die den Raum für Räder zwischen Abgrenzung und den Bussen auf eine Lenkerbreite reduzieren.

polar: Warum ist es um die Sicherheit für Fahrräder im Straßenverkehr so schlecht bestellt?

Radpropaganda: Zunächst sind die Straßen der Gegenwart grundsätzlich für Autos geplant und gebaut. Und auf diesen Straßen gibt es viele Autos – gerade Deutschland ist im globalen Vergleich stark motorisiert. Wenn von fehlender Sicherheit oder »Gefahr« im Straßenverkehr gesprochen wird, ist sie sehr ungleich verteilt, nämlich auf der Seite der schwächeren Verkehrsteilnehmer – den Radfahrern und Fußgängern. Autofahrer riskieren im Stadtverkehr relativ wenig – wenn der telefonierende SUV-Fahrer beim Abbiegen also nicht blinkt, wird er keinerlei körperliche Sanktionen befürchten müssen. Wenn die Radfahrerin den Schulterblick vergisst, ist sie vielleicht tot. Im Diskurs um Sicherheit im Stadtverkehr lassen sich dann recht interessante Muster erkennen: Eine gängige Meinung ist, dass sich Radfahrer mit möglichst vielen Reflektoren, Bremsen, Lichtern und Helmen versehen sollten, damit ihre »Sicherheit« gewährleistet ist. Oder die regelmäßigen Klagen, insbesondere zum vermeintlichen »Saisonbeginn«, über so genannte »Rad-Rowdies« oder »Rad-Hooligans«, die »sich und andere« mutwillig in Gefahr bringen. Hier ist eine Tendenz erkennbar, die Produktion von Gefahr und fehlender Sicherheit Radfahrern und ihrem mutmaßlich fahrlässigen Verhalten zuzuschreiben. Steigen also die registrierten Unfälle mit Radfahrerbeteiligung, führt die Verkehrspolizei flugs umfangreiche Schwerpunktkontrollen von Radfahrern durch. Verwarnungen, Bußgelder, Auflagen – in Berlin seit letztem Sommer auch Radkonfiszierungen – und zack, schon ist die Sicherheit wiederhergestellt.

Nachtrag 4.2.2013:
Das vollständige Interview findet sich hier: http://radpropaganda.org/2013/02/03/radpropaganda-im-interview

 

1 Kommentar

Kommentieren

Your email address will not be published.