Tourbericht: Auf zum Ahrberg 3

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Eine Reise ins dunkle Herz der Heide - 130km Rennrad Tour zum Ahrberg http://aufzum.ahrberg.cc

Was hätten wir an dem Tag denn auch anderes tun sollen? Was hätten wir denn tun sollen, außer unsere Freiheit zu erleben?

Ich kam etwas zu spät zur dritten AzA-Tour. Ja, echt. Nicht weil ich noch vor dem Fernseher saß und die Nachrichten aus Paris nicht glauben wollte, sondern weil ich meinen Loop nicht finden konnte und wie ein Wahnsinniger die Wohnung absuchte. Ich hab das auch schon von anderen gehört: dass sie Ihren Loop nicht finden. Das Material ist einfach so weich. So fluffig, dass es in Ritzen und hinter Tischen, unter Kissen und in Taschen einfach verschwindet und nicht mehr zu sehen ist. (Anmerkung der Redaktion: Ja, das können wir bestätigen. Jetzt aber los, Mathias…) Bei leichtem Sonnenschein erreichte ich den Elbtunnel. Groben Schätzungen zufolge warteten etwa 80 FahrerInnen auf mich, die bunten Tüten und den Start der Tour.
Dieser vollzog sich dann überraschend dezentral: Einige fuhren los und das gesamte Feld setzte sich in Bewegung. Ich selber und auch meine Bezugsgruppe waren ehrlich gesagt über die Überpünktlichkeit etwas überrascht und hatten noch nicht mal die Handschuhe an. Aber kein Problem: Wir wollten nicht das Feld anführen, sondern dafür sorgen, dass alle den Ahrberg erreichen. Daher war die stressfreie rote Laterne genau das richtige für uns. Im Hafen fuhren wir dann auf zwei Gruppen auf, die Stürze zu vermelden hatten. Scheiß Schienen, gute Besserung an euch! Das Wetter war von starkem Wind und Zwielicht geprägt, unser Tempo moderat, die Gruppe kannte sich und ich genoss die Fahrt am Deich mit vertrauten Menschen um mich herum. Die Nachrichten aus Paris steckten uns in den Knochen und waren die ersten Kilometer das bestimmende Gesprächsthema.

Je länger wir fuhren, je größer die Gruppe wurde, desto mehr trat die sachlich-analytische Ebene in den Hintergrund. Was will man denn auch sagen? Was zur Hölle soll man darüber denken? Was kann man denn an solch einem Tag besseres machen, als das, was einem eine tiefe individuelle Befriedigung verschafft. Radfahren, hedonistischer Quatsch, großartig. Wer Rad fährt wendet den Blick zur Erde und allem Göttlichen den Rücken zu. Das hab ich so ähnlich in „Die Philosophie des Radfahrens“ gelesen. Ihr kennt das, solche Gedanken hat man an solchen Tagen auf dem Rad.

Auf zum Ahrberg #3
Auf zum Ahrberg #3

Aber schon bald wurden meine Gedanken wieder ganz von den weltlichen Nöten in Beschlag genommen. Ich fuhr gemeinsam mit unserem Grafiker Felix. Die letzten Jahre hat sich Felix um den Kaffee auf dem Ahrberg gekümmert und konnte daher nicht selber auf dem Rad sitzen. Diese Aufgabe wurde dieses Jahr dankenswerterweise (DANKE!) von Frauke und Christoph übernommen. So konnte Felix alles, was er an adäquater Kleidung im Schrank hatte, überstreifen und sich mit uns auf die Reise in das dunkle Herz der Heide begeben. Aber lasst mich an dieser Stelle ein wenig von ihm erzählen: 
Wir haben uns tatsächlich für Ahrberg kennengelernt. So richtig mit in der Schanze zum Kaffee treffen und so. 
Kurze Zeit später ist er dann bei uns ins Büro gezogen, wir teilen einen sehr guten Musikgeschmack und ich empfinde es als großes Glück, ihn dabei zu haben. Wer auch mal mit ihm Kaffee trinken oder arbeiten möchte ist herzlich eingeladen sich diese Seite zu merken: franzundscholz.de

Ja, wo war ich stehen geblieben? Ah, Felix. Spitzentyp! Wie gesagt. 
Da verkommt es zu einer Nebensächlichkeit, dass er halt schon gerne Rad fährt, aber eben eher so Nutzstrecken in der Stadt. Und quasi nie auf dem Land. Im Gegenwind. Im Regen. Im Wald. Daher sind wir dann auch noch aus unserer Gruppe rausgefallen und fuhren gemeinsam gemütlich durch die wunderschöne Landschaft. Denn bei all den Runden die man so fährt, darf man dann doch nicht vergessen: 65km bei dem Wetter, das ist nicht ohne. Da kann man schon mal zwischendurch tief durchatmen. Irgendwann fuhren aber auch wir über die Landstraße und zu unserer Linken ragte der Ahrberg in die Wolken. Wir mussten nur noch „kurz“ die Mur van Egestorf passieren und dann waren wir auch schon da. Die erhabene Erhöhung, die angeblich Ahrberg heißt, lag vor uns und schnell hatten wir einen dampfenden Kaffee gegen die kriechende Kälte in unseren klammen Händen.

Eine Reise ins dunkle Herz der Heide - 130km Rennrad Tour zum Ahrberg http://aufzum.ahrberg.cc
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Die meisten FahrerInnen waren zu diesem Zeitpunkt schon wieder unterwegs. Wir hielten uns angemessen lange auf dem Berg auf und es zeichneten sich zart zwei Traditionen ab:

1. Die Aerobic-Runde im Wald. (Wenn man halt eh schon Spandex trägt?)

2. Der „Junge-Hunde-Effekt“ auf dem Rückweg

Wenn man den Ahrberg verlässt, kommt (ohne Witz!) eine recht lange Abfahrt. Und man muss sich das so vorstellen: 15-20 Fahrer, alle ordentlich warm gefahren, 2-3 Tassen starken Kaffee und ordentlich Zucker in den Beinen, fahren los und wissen, dass sie das Meiste hinter sich haben. Heißt unterm Strich: Jeder, der nach vorne geht, legt noch einen drauf. Aber geht ja. Geht ja um nichts.

Neu war dieses Jahr der recht starke Mix aus Regen und Hagel, der uns am Deich zu bremsen versuchte. Aber das war gar nicht nötig: Wir hatten eh alle nichts mehr zu bieten und rollten einfach vor uns hin. Nass, langsam, glücklich. So schlurften wir im kleinen Gang wie nasse Pudel über die glänzenden Straßen. Alle zusammen nochmal in den Elbtunnelaufzug und dann ab nach Hause. Kurze Zeit später saßen wir frisch geduscht und angenehm zerfahren in der Kitty. Es war ein Fest. Danke.

http://aufzum.ahrberg.cc
Track auf Strava: strava.com/activities/432495223
Tour auf Komoot: komoot.de/tour/7089971

Text: Mathias Ahrberg
Fotos: Tim Kaiser, radpropaganda

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